Methodistisches Friedensprojekt in Chile fördert den Dialog
3. September 2020
Im Süden Chiles bestehen seit Jahren Konflikte zwischen der Mapuche-Urbevölkerung, den Siedlern und dem Staat. Anfang August ist es zu einer erneuten Gewaltwelle gekommen. Diese hat auch ein Team, das sich bei einem Friedensprojekt der Methodistenkirche einsetzt, überrumpelt. Was können sie tun?
Strukturelle Ungerechtigkeiten und unzureichende gesetzliche Grundlagen führen zu einer Benachteiligung der indigenen Bevölkerungsgruppen in Chile. Der ungerechte Zugang zu Land und Wasser schafft Konflikte. So kaufen zum Beispiel Grossgrundbesitzer Ländereien auf. Deren Monokulturen entziehen dem Boden viel Wasser, was die Mapuche-Bauern dann spüren. Gleichzeitig fordern die Mapuche von der Regierung und den Siedlern das Land ihrer Vorfahren zurück, das ihnen einst genommen wurde.
In der Region Temuco gibt es immer wieder Auseinandersetzungen zwischen den Konfliktparteien, bei denen teilweise auf allen Seiten Gewalt angewendet wird. Tiefe Verletzungen machen es schwierig, heute gemeinsame Wege für ein Miteinander zu finden.
Hungerstreik, Proteste, Ausschreitungen
Anfang August kam es dort nun zu Zwangsräumungen in mehreren politischen Gemeinden. Auslöser waren unter anderem ein Hungerstreik in zwei Gefängnissen mit mehrheitlich indigenen Gefangenen und Proteste einer Gruppe Mapuche sowie rassistische Ausschreitungen einer rechtsgerichteten Gruppe, die die Polizei gewähren liess. Seither gibt es vermehrt Blockaden, besetzte Gemeindeverwaltungen und eine Militarisierung der Region Temuco. Dass der neue Innenminister Chiles aus einer rechtsgerichteten Partei kommt, erschwert den nötigen Dialog zwischen den Konfliktparteien.
Friedensprojekt der Methodisten
Im Januar 2019 hat die Methodistenkirche mit einem Friedensprojekt begonnen. Ein Team mit Fachpersonen aus Psychologie, Theologie, Kultur und Recht sucht die verschiedenen Parteien auf und stellt die Idee einer Gesellschaft vor, die auf gegenseitigen Respekt baut. Es schafft Orte, an denen Dialog möglich wird. Das Projektteam informiert an Workshops Mapuche über ihre Rechte und Pflichten und vermittelt fachliche Begleitung für Menschen, die Gewalt erfahren haben. Es stärkt mit Kursen die handwerklichen Fähigkeiten der Mapuche-Frauen und trägt zur Achtung ihrer Kultur bei.
Vergehen und Verletzungen aufarbeiten
Wie reagieren die Verantwortlichen des Friedensprojektes auf die aktuelle Lage? Sie bitten um Gebet. Zugleich stellt Jaime Enrique Medina Cárdenas, Leiter des Friedensprojektes und Pfarrer einer Methodistengemeinde der Mapuche, kritische Fragen: Wer profitiert von der erneuten Eskalation? Wem spielt die ablehnende Stimmung gegen die Mapuche in die Hände? Er rät allen Menschenrechtsorganisationen: «Wir glauben nicht, dass es der richtige Weg ist, dass sich Menschen zusammenrotten und mit aggressiven und rassistischen Attacken gegen die Mapuche vorgehen und noch dazu vollständig ungestraft bleiben. Wir fordern, dass es einen runden Tisch geben muss, der erlaubt, Vergehen und Verletzungen aufzuarbeiten.»
Text: Nicole Gutknecht, Connexio / Beitragsbild: Jaime Enrique Medina Cárdenas