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«Gott macht kleine Dinge gross»

23. September 2021

Wegen den unsicheren Reisebedingungen wurde die Roma-Konsultation am 9. September virtuell durchgeführt. Verantwortliche der Roma-Arbeit aus Südosteuropa und Russland tauschten sich über die Entwicklung ihrer Arbeit aus. Sie benannten die Schwierigkeiten klar, freuten sich aber auch an vielen kleinen Erfolgen.

Wer mit besonders verletzlichen Personen arbeitet, wird von der Mehrheitsgesellschaft oft nicht verstanden: Warum liegt euch an diesen Menschen? Die Konsultation stärkt die Verantwortlichen über Grenzen hinweg, sie gibt neue Impulse und Zuversicht, dass Veränderung möglich ist. Das Gespräch fand unter der Leitung von Corinna Bütikofer Nkhoma, der Projektverantwortlichen von Connexio develop, Entwicklungszusammenarbeit der Methodist:innen, statt.

 

Pandemie trifft Roma hart

Alle Teilnehmenden hatten mit den Herausforderungen der Pandemie zu kämpfen, die die Roma besonders hart traf: Zum Beispiel die Roma-Kinder, die vom Bildungsministerium im Gegensatz zu anderen Kindern keinen Laptop erhalten, um dem virtuellen Unterricht zu folgen. Ihre Lehrpersonen waren nicht gewillt, Unterrichtsmaterial auf Papier zur Verfügung zu stellen. Bei vielen Roma-Familien fiel das Einkommen plötzlich weg und sie waren auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen.

 

Unterrichtsmaterial kopiert

In Kürtöspuszta, Ungarn, reagierte man kreativ auf die fehlende Unterstützung der Schule. Kurzerhand kopierte die Pfarrperson Unterrichtsmaterial und Hausaufgaben, verteilte es an die Kinder, sammelte alles wieder ein und leitete es den Lehrpersonen weiter. So konnten auch die Roma-Kinder dem Unterricht folgen.

 

Erfolgreicher Schulabschluss

Ivan Morunov, Verantwortlicher des Kinderzentrums in Liaskovec, Bulgarien meinte etwas stolz: «Es ist ein Privileg, mit den Kindern zu arbeiten. Wir haben sie trotz Einschränkungen begleitet, die Beziehung gepflegt und sie beim Lernen unterstützt. Sobald wir konnten, haben wir die gemeinsamen Aktivitäten wie Sport, Kochen, Nähen und Sonntagsschule wieder aufgenommen. Die Kinder vertrauen uns und kommen mit ihren Problemen zu uns. Alle haben das Schuljahr erfolgreich abgeschlossen.»

 

Russisch für Roma-Kinder

Irina Mitina begann ihre Arbeit mit den Roma in Novotroitskaya vor fünf Jahren. Sie stellte fest, dass die Roma dort kein Russisch sprechen. Werden die Kinder eingeschult, sind sie völlig überfordert, weil der Unterricht auf Russisch ist. Also begann sie damit, den Kindern Russisch zu lehren und mit den Roma einen Dialog zu beginnen.

 

Kontrolle und Misstrauen

Sie berichtete: «Plötzlich kamen die Polizei, Regierungsvertreter und Verantwortliche der Orthodoxen Kirche und kontrollierten uns. Sie waren sehr misstrauisch und nicht gewohnt, dass jemand mit den Roma lebt. Wir geben nicht auf und ich versuche, eine Beziehung zur Orthodoxen Kirche aufzubauen, auch wenn nicht verstanden wird, warum uns etwas an diesen Menschen liegt.»

 

Trotzdem Gemeinde bauen

Erdjan Madjarov berichtete aus seiner Gemeinde in Bulgarien, die vor allem aus Menschen mit türkischem und Roma-Hintergrund besteht. Trotz den Herausforderungen der letzten zwei Jahre haben sie es geschafft, eine neue Kirche zu bauen und die Gemeinschaft zu stärken. Fenster und Türen fehlen zwar noch – alles braucht eben seine Zeit.

 

Über Grenzen hinweg

Er erzählt: «Wir haben während der Pandemie auf virtuelle Gottesdienste umgestellt. Das Schöne daran ist, dass so auch mit uns verbundene Menschen in Westeuropa an unseren Gottesdiensten teilhaben konnten. Natürlich gab es auch Menschen, die keinen Internetzugang haben. Diese haben wir regelmässig besucht und begleitet. Dank finanzieller Unterstützung aus dem Ausland konnten wir besonders benachteiligte Familien mit Nahrungsmitteln unterstützen.»

 

Nach den kleinen Dingen streben

Veränderung bei der Arbeit mit Roma braucht viel Zeit und wird oft erst nach vielen Jahren sichtbar. Zoltán Kurdi, Koordinator der Roma-Arbeit in Ungarn, fasst das mit der Vision der Roma-Arbeit in Ungarn zusammen: «Gott macht kleine Dinge gross. Darum müssen wir uns nicht um die grossen Dinge kümmern, sondern nach den kleinen streben.»

 


 

Die Roma-Konsultation findet alle zwei Jahre in Zusammenarbeit mit dem Bischofsbüro statt.
Projekte zur Förderung von Minderheiten: Connexio develop, Zürich, CH44 0900 0000 1574 7157 9

 


 

Text: Corinna Bütikofer Nkhoma // Foto: Üllas Tankler