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Hunger, Ausbeutung, Foodwaste – und was wir daran ändern können

16. Oktober 2021

Am 16. Oktober ist internationaler Welternährungstag. Fast 800 Millionen Menschen weltweit leiden an UnterernährungWarum ist das so? Und was können die Gesellschaft und ich als einzelne Person dazu beitragen, damit es diesen Menschen besser geht?

Ulrich Bachmann zeigt im Gespräch am Beispiel der Demokratischen Republik Kongo auf, wie vielfältig die Ursachen von Hunger sind und was nötig wäre, damit sich die Situation für die Betroffenen verbessern kann. Er ist Geschäftsleiter von Connexio hope, kirchliche Zusammenarbeit und Connexio develop, Entwicklungszusammenarbeit der Methodist:innen.

Ueli, in der Demokratischen Republik Kongo ist fast jede dritte Person von Hunger bedroht; sie isst vielleicht nur einmal am Tag oder bekommt nicht alle nötigen Nährstoffe. Wie geht es dir, wenn du das hörst?

Ich finde das dramatisch und auch skandalös. Da haben wir als Gesellschaft und Kirche wirklich einen Auftrag, das zu tun, was uns möglich ist, damit sich das ändern kann. Noch dazu, wenn man bedenkt, dass bei uns rund ein Drittel der Nahrungsmittel durch Ernte-, Lagerverluste und «Foodwaste» verloren gehen.

Im Kongo gibt es gute Ackerböden, es wachsen unter anderem Maniok, Bananen und Avocados. Das Land ist auch reich an Rohstoffen. Warum hungern die Menschen trotzdem?

Das ist eine gute Frage. Oft wird der Kongo auch der «Brotkorb» von Afrika genannt. Leider und paradoxerweise hat aber gerade die Landbevölkerung, die Nahrung anbaut, oft nicht ausreichend zu essen. Viele Familien können gerade genug zum Leben anbauen. Doch wenn jemand Medikamente braucht oder Schulgeld bezahlt werden soll, müssen sie meistens ihre Produkte unter Preis verkaufen. Absatzmärkte gibt es wegen der schlechten Infrastruktur wenige. Viele können keinen Vorrat anlegen oder haben kein gutes Saatgut, das den Bedingungen angepasst ist. Die Pandemie macht alles noch schwieriger. Dazu kommen häufige Konflikte, die dazu führen, dass Familien fliehen müssen oder dass sie Angst haben, ihre Felder zu bestellen. Der Rohstoffreichtum wird seit der Kolonialzeit ausgebeutet und bis heute bereichern sich Menschen vor Ort und im Ausland damit und die Bevölkerung hat kaum etwas davon.

Wer müsste was tun, damit es den Menschen im Kongo besser geht?

Es würde Politiker brauchen, die das Wohl des Landes im Sinn haben und sich der Bevölkerung rechenschaftspflichtig fühlen. Und dass die Zivilbevölkerung Einfluss auf die Gesetzgebung hat und die Bevölkerung ihre Rechte einfordern kann. Dann braucht es gerechte Handelsbeziehungen; dass wir als Handelspartner mit Verträgen dazu beitragen, dass die ganze Bevölkerung profitiert und nicht nur eine reiche Elite. Es braucht auch faire Preise für die Exportprodukte. Und dass die Rohstoffe im Land selbst verarbeitet werden können; dass die Wertschöpfung vor Ort passiert. Es ist nötig, dass für die andauernden Konflikte Lösungen gefunden werden. Generell: Es braucht Frieden und Gerechtigkeit, damit sich eine Gesellschaft entwickeln kann, in der jede Person Zugang zur dem hat, was sie braucht und sich die Armut verringert. Es braucht ein politisches und wirtschaftliches Umfeld, das den Menschen die Sicherheit bietet, in der sie ihre Existenz aufbauen können.

Und wie könnte die Rolle der Kirche aussehen?

Die Kirche im Kongo tut schon viel. Sie führt Spitäler und Schulen, sie gibt den Menschen Hoffnung und Geborgenheit. Mitglieder teilen das wenige, das sie haben mit denen, die es noch nötiger haben. Die Kirche hat Einfluss und kann denjenigen eine Stimme geben, die bis jetzt nicht gehört werden. Natürlich ist auch die Kirche nicht davor gefeit, manchmal Bündnisse einzugehen, sich manipulieren zu lassen oder zu schweigen; z. B. wenn es um umstrittene Wahlen geht.

Zum Schluss: Was kann ich als Einzelne hier und heute tun?

Zunächst: andere auf die Situation der Menschen in Not und die Ungerechtigkeit aufmerksam machen. Dann sicher auch, sich politisch zu engagieren. Sich bei Abstimmungen dafür einsetzen, dass die Schweiz faire und verantwortungsbewusste Handelsbeziehungen eingeht. Und schliesslich: ich kann auf meinen persönlichen Lebensstil achten und darauf, was ich konsumiere. Werden die Menschen, welche die Produkte herstellen, die ich kaufe, fair behandelt und bezahlt?

Quellen: www.fao.org/state-of-food-security-nutrition und www.fao.org/emergencies/fao-in-action/stories/stories-detail/en/c/1392891
Weiterführende Infos: www.fao.org/world-food-day/about/en/

 

Text: Nicole Gutknecht // Bild: Ulrich Bachmann


So können Sie helfen

Connexio develop unterstützt ein neues Projekt der Methodistenkirche in Ost-Kongo, das rund 70 jungen Menschen in der Provinz Maniema ermöglicht, eine Existenz in der Landwirtschaft aufzubauen. In Kamina, Provinz Haut-Lomami, leistet die Kirche einen Beitrag für eine ausgewogene Ernährung von Kindern mit Mangelernährungssymptomen. Die Methodistenkirche im Kongo und Connexio develop sind dankbar für einen Beitrag gegen Hunger und Armut. Connexio develop: IBAN CH44 0900 0000 1574 7157 9, Vermerk Ländliche Entwicklung DR Kongo